Im Gedenk-Dilemma: Dürfen die Russen beim Weltkriegs-Erinnern dabei sein?

Russische und belarussische Oberste salutierten vor den Gräbern der Gefallenen in Seelow. Eingeladen waren sie nicht  
1945 war die Rote Armee Friedensbringer, heute sind Putins Soldaten selbst die Täter. Wie gelingt Erinnern, wenn das „Nie wieder“ nicht für alle gilt?

Eingeladen war er nicht, doch solche Empfehlungen sind Sergej Netschajew egal. Als Russlands Botschafter am Mittwoch in Seelow aus seiner Limousine stieg, schien er die Aufmerksamkeit zu genießen: Putins Gesandter war zum Gedenken an die Seelower Schlacht gekommen, an jenen Ort, an dem so viele Rotarmisten am Weg nach Berlin ihr Leben ließen. 45.000 Soldaten starben hier 1945, machten so dem Dritten Reich endlich ein Ende. Nur zehn Tage nach dem Sieg nahm sich Adolf Hitler im Führerbunker das Leben.

1945 waren sie die Befreier, die Russen, die Ukrainer, die Kasachen oder Belarussen, die in Stalins Truppen kämpften. Doch wenn Netschajew heute an den Gräbern der Gefallenen steht, neben ihm Oberste der russischen und belarussischen Streitkräfte salutieren, ist er das Gegenteil der Helden von damals. Er vertritt selbst ein Regime, das 80 Jahre nach Kriegsende wieder eine Blutspur durch Europa zieht, das die Geschichte und Grenzen umschreibt.

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