Republikaner: „Ich glaube, Trump hat persönlich etwas gegen Selenskij“

Tom Brewer war bis Jänner 2025 republikanischer Senator des US-Bundesstaates Nebraska. Vor seiner politischen Karriere diente er 36 Jahre lang in der
U. S. Army, heute hält er den Rang Oberst außer Dienst. Er diente unter anderem in Afghanistan sowie im Irak, wurde dabei mit zwei Purple Hearts ausgezeichnet. Noch als Senator reiste Brewer nach Kriegsausbruch mehrfach in die Ukraine, um, wie er sagt, „als Informationspipeline für den US-Kongress zu dienen“. Schon früh meinte er, die USA hätten keine Wahl, als die Ukraine zu unterstützen, „sonst werden unsere Soldaten schon bald gegen Russen kämpfen müssen.“ Der KURIER traf ihn ihn Charkiw.
KURIER: Sie sind seit Beginn des Krieges mehrfach in die Ukraine gereist, versuchen, in den USA Unterstützung für das Land zu bekommen. Was treibt Sie an?
Tom Brewer: Ich war schon vor dem Krieg als Soldat hier, wir haben damals ukrainische Helikopter für Afghanistan gekauft und überführt. Dabei habe ich die Ukrainer als offene, gastfreundliche Menschen kennengelernt. Als der Krieg begann, bin ich im April 2022 sofort wiedergekommen. Ich wollte verstehen, was wirklich passiert. Seitdem reise ich regelmäßig her – inzwischen nicht mehr als Senator. Jetzt habe ich mehr Freiheiten.
Aber auch weniger Einfluss.
Wenn es um den Staat Nebraska geht, ist das kein Problem – dort kennen mich die Menschen und vertrauen mir. Anders ist es auf nationaler Ebene. Ich bin ein kleines Rädchen in einem großen Getriebe, aber ich sehe meine Aufgabe darin, zu berichten, was ich sehe. Und dadurch Einfluss zu nehmen.
Wie kann das funktionieren?
Wissen Sie, viele Politiker fahren mit dem Zug nach Kiew, machen ein Foto mit Wolodimir Selenskij und fahren wieder nach Hause. Ich war an der Front, habe mir als Ex-Militär angesehen, wie die ukrainischen Streitkräfte kämpfen – und kann somit auf viel Erfahrung und Erkenntnisse bauen.
Wie beurteilen Sie die militärische Lage derzeit?
Die ukrainische Armee ist heute hochprofessionell. Im Gegensatz zu den Russen, die massenhaft schlecht ausgebildete Soldaten opfern, setzen die Ukrainer auf Präzision und den Schutz des eigenen Lebens. Das macht sie stark – aber sie stoßen an Grenzen. Das Personal ist endlich. Man kann nicht beliebig viele Menschen mobilisieren, ohne die Gesellschaft zu zerstören.
Was bedeutet das für den weiteren Kriegsverlauf?
Ich glaube nicht, dass man jede verlorene Stadt um jeden Preis zurückerobern kann. Es geht irgendwann nicht mehr um Geländegewinne, sondern um den Erhalt des Staates. Die Zerstörung ist immens – viele Gebiete sind in Schutt und Asche gelegt. Die entscheidende Frage ist: Wie sieht ein realistisches Kriegsziel aus?
Was halten Sie von derzeitigen Plänen Donald Trumps?
Ich glaube, es wird sehr schwierig, die Ukraine dazu zu bringen, Bedingungen zu akzeptieren, die den Vorstellungen Putins nahekommen – das würde den Verlust sämtlicher derzeit kontrollierter Gebiete bedeuten, inklusive der Krim. Russland fordert sogar Regionen wie Cherson und Saporischschja, obwohl sie diese gar nicht vollständig kontrollieren. Das ist schlicht nicht realistisch. Präsident Selenskij kann dem unmöglich zustimmen.
Das Problem ist: Donald Trump setzt Kiew massiv unter Druck, ein Abkommen zu akzeptieren. Ich habe deshalb vorgeschlagen, jemanden wie General Kellogg mit der Vermittlung zu betrauen. Er kennt die Lage genau, kennt auch Putin – und er weiß, wo die Grenzen der Ukraine liegen, was sie leisten kann und was nicht. Er ist ein vernünftiger Mann, der möglicherweise einen gangbaren Weg finden könnte.
Wenn man das Thema hingegen den höchsten politischen Ebenen überlässt, besteht die Gefahr, dass Emotionen überhandnehmen. Ich habe den Eindruck, dass Trump persönlich etwas gegen Selenskij hat – vielleicht wegen alter Geschichten, ich weiß es nicht genau. Aber solche persönlichen Animositäten dürfen keine Rolle spielen.
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