Der Deal hat gleich mehrere Facetten. Für die Erste ist es zunächst einmal ein großer strategischer Erfolg. Mit rund 2.000 Filialen war man schon bisher stark in sieben Ländern des zentraleuropäischen Raums (CEE) vertreten. Polen fehlte aber noch auf der Landkarte. Jetzt ist der Einstieg gelungen.
Noch dazu kauft man nicht irgendeine Provinzbank. Santander Polska ist mit rund 7,5 Millionen Kunden die drittgrößte Bank des Landes, mit einem Marktanteil von acht Prozent. Im vorigen Jahr wurde ein Rekordgewinn erwirtschaftet, die Aktien stiegen zuletzt auf ein Allzeithoch. Kein Wunder also, dass sich der Deal für die Erste Group als „deutlich ertragssteigernd“ erweisen könnte, wie es in einer Analyse von der Deutschen Bank heißt.
Die zweite Facette des Deals hat eine menschliche Komponente. Und zwar für Erste-Chef Peter Bosek. Er gilt als Alphatier wie aus dem Bilderbuch. Mit dem Deal tritt er aus dem Schatten seines Übervaters Andreas Treichl. Der hat als langjähriger Vorstandschef das Institut zu einem Player im CEE-Raum gemacht. Nicht immer lief alles prächtig. Teure Kreditabschreibungen nach der Finanzkrise brachten Milliardenverluste. Von da an bremste Treichl bei der Expansion. Bosek beendet die Phase der Zurückhaltung und setzt jetzt sozusagen noch eins obendrauf. Die Erste Group hat mit Polen gleich um ein Drittel Kunden mehr.
Einen kleinen Haken hat die Sache. Und das ist der Schweizer Franken. In Polen haben Zehntausende Kreditnehmer bei verschiedenen Banken Hypotheken in Franken aufgenommen, um von niedrigeren Zinsen in der Schweiz zu profitieren. Doch dann gewann der Franken im Vergleich zum polnischen Złoty massiv an Wert – und wurde für die Kunden zur Kostenfalle. Viele Polen gingen vor Gericht, um aus den teuren Krediten rauszukommen. Solche Kredite hat auch die Santander Polska noch immer im Portfolio.
Der letzte Punkt ist schließlich ein volkswirtschaftlicher. Lange Zeit wurde Polen im Westen verächtlich als Land der Autodiebe verschmäht. Und jetzt? Während die österreichische Wirtschaft derzeit Schlusslicht in der EU ist, spielt in Polen die Musik. Polen ist die mit Abstand größte Volkswirtschaft in der CEE-Region. Polen ist für Österreichs Exportwirtschaft mittlerweile einer der wichtigsten Märkte überhaupt. Ein Einstieg in diesen Markt, so man ihn sich leisten kann und will, kommt jetzt also zur rechten Zeit.
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