Heuer kommt der Sieg auf den ersten Blick eigentlich ungelegen, denn das Bundesbudget ist ein schwarzes Loch, der ORF muss brutal sparen, und die Stadt Wien, die den Song Contest 2015 mit sponserte, ist hoch verschuldet. Da mutet es verwegen an, dass sich ORF-Generaldirektor Roland Weißmann und Bürgermeister Michael Ludwig über den Sieg von JJ freuten.
Doch die Zuversicht ist berechtigt. Als der Song Contest 2015 abgerechnet war, hatte das Budget nicht nur gehalten, man lag sogar deutlich unter den Berechnungen: Sowohl Stadt Wien als auch ORF hatten weniger ausgegeben als veranschlagt. Rund 40 Millionen Euro hatte das Mega-Event damals gekostet. Und es hat sowohl bei der ESC-Community als auch bei den Wienerinnen und Wienern eine gute Nachrede gehabt: Die ESC-Woche war bunt, lustig und friedlich. Wien hatte seinen Ruf als wichtiger Reisezielort für die LGBTQ-Community gefestigt.
All das spräche für eine Wiederholung, die inflationsbereinigt rund 50 Millionen Euro kosten dürfte. Es wird sich eine Lösung finden: Ticketerlöse, EBU-Beitrag (rund fünf Millionen Euro) und Sachleistungen des Austragungsortes (neben Wien haben schon Innsbruck, Graz, Linz/Wels und Oberwart Interesse bekundet) ergeben einen soliden Grundsockel. Die Lücke wird wohl oder übel der ORF finanzieren. Vor elf Jahren blieben rund 15 Millionen Euro über, die der Rundfunk zu stemmen hatte. (Intern hatte man den Betrag mit Bilanz-Manövern sogar auf rund elf Millionen heruntergerechnet.)
Nutznießer ist das Land: Insgesamt hatte der ESC im Jahr 2015 laut Institut für höhere Studien (IHS) einen Wertschöpfungsbeitrag von etwa 38 Millionen Euro, der Großteil davon kam der Wirtschaft in der Bundeshauptstadt zugute.
Können wir uns den Song Contest also leisten? Ja. Und wir sollten sogar: Wirtschaftlicher Erfolg findet zu einem bedeutenden Anteil mental statt. Ein wenig Aufbruchstimmung kann Österreich in Zeiten der Budgetmisere und des drohenden Abstiegs gut gebrauchen.
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