Hochrisikogruppen sollten Fasten vermeiden oder ärztlich begleitet werden
Obwohl sie von diesen Ausnahmeregelungen betroffen wären, möchten viele Musliminnen und Muslime den Ramadan dennoch einhalten. Eine deutsche Studie ergab beispielsweise, dass 94 Prozent aller Muslime mit einem Typ-2-Diabetes für mindestens 15 Tage fasten. Das sei aus religiösen und sozialen Gründen verständlich, sagt Ina Danquah, Vorsitzende der deutschen Diabetes Gesellschaft. "Doch für manche Menschen mit Diabetes kann das Fasten erhebliche gesundheitliche Risiken bergen", so Danquah. Besonders Menschen mit Typ-1-Diabetes, Schwangere mit Schwangerschaftsdiabetes oder Menschen mit schweren diabetischen Folgeerkrankungen wie Nieren- oder Herzproblemen gehören zu den Hochrisikogruppen. Sie sollten das Fasten vermeiden oder ärztlich eng begleitet werden.
Denn: Das Risiko für schwere Unterzuckerungen sei während des Ramadans fast fünfmal so hoch wie im restlichen Jahr. Während der langen Esspause untertags kann der Körper den Blutzuckerspiegel nicht selbst regulieren, was zu gefährlichen Schwankungen führen kann. Ein geringeres Risiko für schwere Unterzuckerungen haben Patienten mit einer Insulinpumpe.
Sinkt der Blutzucker unter 70 mg/dl oder treten Symptome wie Zittern oder Schwindel auf, sollte das Fasten sofort unterbrochen werden. Gleiches gilt bei häufigem Wasserlassen, Müdigkeit, Verwirrtheit, Übelkeit und einem Blutzuckeranstieg auf über 300 mg/dl.
Fastenbrechen kann zu starkem Anstieg des Blutzuckers führen
Auch das Fastenbrechen kann gesundheitliche Folgen haben. "Nach dem Iftar kann der Blutzucker stark ansteigen, wenn viele süße oder fettige Speisen konsumiert werden", sagt Danquah. Fastende sollten daher möglichst wenige Kohlenhydrate zu sich nehmen und auf ausgewogene Mahlzeiten mit Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Gemüse und magerem Eiweiß achten. Brot, Kartoffeln und Reis sowie süße Baklava oder gesüßte Getränke sollten nur in geringen Mengen konsumiert werden. Viel Wasser oder ungesüßter Tee nach Sonnenuntergang helfen, den Flüssigkeitsbedarf zu decken. Sahur, die Mahlzeit vor Sonnenaufgang, sollte lang sättigende, ballaststoffreiche Lebensmittel wie Haferflocken oder Vollkornprodukte enthalten.
Generell kann es, auch bei Menschen ohne chronische Erkrankungen, durch das Fasten zu Dehydrierung und in der Folge zu Kopfschmerzen, Kreislaufproblemen, Müdigkeit und Konzentrationsproblemen kommen. Hier hilft, morgens und abends in kleineren Mengen verteilt zu trinken, nicht große Mengen auf einmal. Zwischen Sahur und Iftar sollten mindestens 1,5 bis 2 Liter Wasser getrunken werden.
Durch einen niedrigeren Blutzucker untertags können bei manchen Heißhunger, Schwindel oder Schwäche auftreten. Beim Fastenbrechen beugt eine ausgewogene Ernährung Verdauungsproblemen und Gewichtszunahme vor. Wichtig ist auch, den Schlafryhthmus beizubehalten und genug Schlaf einzuplanen, um Müdigkeit und Energiemangel am nächsten Tag zu vermeiden.
Immer mehr Kinder und Jugendliche fasten mit
Diese Empfehlungen gelten auch für die immer mehr Kinder und Jugendlichen, die fasten wollen. Die Fastenpflicht beginnt mit der geistigen und körperlichen Reife, wobei die Eltern dafür verantwortlich sind, einzuschätzen, ob ihr Kind bereit ist. Die meisten beginnen in der siebenten oder achten Schulstufe. "Wir sind in sehr gutem Austausch mit islamischen Religionsgemeinschaften, die klare Vorgaben geben. Kinder dürfen während des Ramadans essen und trinken. Das gilt auch für Jugendliche in Prüfungssituationen oder bei einem Wettbewerb", sagt dazu die Präsidentin der Gesellschaft der Schulärzte Österreichs (GSÖ), Claudia Mark.
Laut IGGÖ sind fastende Kinder und Jugendliche oft mit Sorgen ihrer Lehrer um ihre Gesundheit konfrontiert, aber Verständnis sei da. Manchmal sei Schlafmangel ein Thema, wenn Jugendliche beim Fastenbrechen lange wachbleiben, ebenso seien Lehrer häufig besorgt, ob Schüler dehydrieren. Die IGGÖ hat deshalb eine Orientierungshilfe zum Fasten von Kindern und Jugendlichen veröffentlicht, die vor allem in Schulen ein besseres Verständnis fördern soll und auch darüber aufklärt, dass Kinder und Jugendliche das Fasten jederzeit unterbrechen dürfen, wenn sie sich nicht wohlfühlen. Darin heißt es etwa: "Wer beim Fasten auf den eigenen Körper hört, wird sich nicht nur bewusster, sondern auch gesünder ernähren. Meistens ist die Trinkmenge während des Ramadans insgesamt betrachtet höher als sonst." Besonders für junge Menschen sei die Wertschätzung ihrer religiösen Praxis sehr wichtig.
Eltern, die wegen des Ramadans zum Beispiel eine Befreiung vom Sportunterricht möchten, weisen die Schulärzte "sensibel aber bestimmt darauf hin, dass es dafür keine Grundlage gibt. Das wird auch bei schulärztlichen Fortbildungen besprochen", sagt Mark. Die IGGÖ weist darauf hin, dass das Fasten bei körperlich anstrengendem Unterricht abgebrochen werden kann: "So wie man nur fasten soll, wenn man gesund ist, sollte man nur fasten, wenn der Körper keine Warnsignale gibt."
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