Das traf beim damaligen Rapid-Präsidenten Rudolf Edlinger einen Nerv – und den langjährigen Präsidenten vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) in dessen antifaschistischer Ehre. „Die Kritik war berechtigt. Ich habe mich über mich selbst geärgert“, sagte Edlinger zum KURIER 2018 im Rückblick.
Es wurde beschlossen, die Geschichte der Hütteldorfer wissenschaftlich aufzuarbeiten, und alles, auch die unangenehmen Details, in Buchform zu veröffentlichen.
Nach eineinhalb Jahren kam mit „Grün-weiß unterm Hakenkreuz“ der Autoren Georg Spitaler und Jakob Rosenberg ein Standardwerk in mittlerweile vielfacher Ausgabe heraus.
Es gab mehrere (für Rapid erfreuliche) Überraschungen: Kein Spieler war bei der NSDAP Mitglied gewesen; der Mythos, dass Hitler die Rapidler bevorzugt hätte, wurde widerlegt; „nur“ ein Spieler (Fritz Durlach) wurde später wegen Kriegsverbrechen verurteilt. Aber: Vereinsikonen der Zwischenkriegszeit wie Josef Uridil oder Leopold Nitsch waren NSDAP-Mitglieder.
„Die Mehrheit der Fans kam aus der Arbeiterschicht und die war für rechte Parteien immer ein großes Ziel. Da hat Mut dazu gehört, als Rapid-Spieler nicht zur Partei zu gehen“, resümierte Edlinger.
Andere, wie der ehemalige Klubsekretär und Namensgeber für den Verein „Rapid“ Wilhelm Goldschmidt, wurden zum Opfer der Shoah. Elf Spieler sind im Krieg gefallen.
Edlinger, der für die SPÖ bis 2000 den Finanzminister stellte, war es auch wichtig, im Rapid-Museum im neuen Allianz Stadion auf die Vereinsgeschichte in der NS-Zeit hinzuweisen. Seither gibt es im „Rapideum“ die Lade, die nie zugeht.
Für Edlinger, der 2021 mit 81 Jahren an Lungenkrebs verstarb, war dieses Detail im KURIER-Gespräch „unglaublich wichtig. Über diese Lade redet jeder, der in das Vereinsmuseum kommt. Fast jeder versucht zuerst, sie zu schließen und kommt dann dahinter, wie interessant die Inhalte sind.“
Austria: Zeiten der Finsternis
Die Wiener Austria widmet der NS-Zeit in ihrem Vereinsmuseum ein ganze Wand mit dem Titel „Die Zeiten der Finsternis“. Die Violetten haben die Geschichte vor allem mit einem 2018 erschienenen Buch aufgearbeitet. „Ein Fußballerverein aus Wien“ wurde von Bernhard Hachleitner, Johann Skocek, Matthias Marschik und Rudolf Müllner über drei Jahre lang recherchiert und niedergeschrieben.
Gerhard Kaltenbeck, Mitglied des Verwaltungsrats der Wiener Austria und Kurator des violetten Museums, erzählt: „Für das Buch waren die Verantwortlichen auch in Deutschland unterwegs und haben beispielsweise auch im Sepp-Herberger-Archiv recherchiert.“ Beleuchtet wird dabei die Zeit des Nationalsozialismus von 1938 bis 1945. Es wird auch so mancher Mythos ins Abseits gestellt, wie Historiker Hachleitner festhielt.
„So gibt es für die angebliche Weigerung von Matthias Sindelar, für die deutsche Nationalmannschaft zu spielen, keine Belege.“ Nur vor einem Spiel einer „Ostmark“-Auswahl gegen Aston Villa soll die Austria-Legende „herumgedruckst“ und Müdigkeit als Vorwand verwendet haben. Derlei Geschichten finden sich noch viele in diesem Buch.
Vienna: Blau-Gelb unter dem Hakenkreuz
Erst vor wenigen Wochen stellte Zweitligist Vienna die Studie „Blau-Gelb unter dem Hakenkreuz“ vor, die der Wiener Historiker Alexander Juraske anlässlich des 130-jährigen Bestehens der Vienna verfasst hat. Aufgearbeitet wird darin die Vereinsgeschichte während der NS-Zeit, gefördert durch öffentliche Mittel und unterstützt durch den Verein. Die Forschungsarbeit begann im Frühling 2020, doch während der Corona-Pandemie blieben Archive geschlossen.
So dauerte es fast fünf Jahre, bis Juraske das 254 Seiten starke Buch präsentieren konnte, das unter anderem die Rolle jüdischer Mitglieder thematisiert, sowie die Veränderungen im Fußball nach dem Anschluss 1938. Bemerkenswert ist, dass die Vienna trotz des Ausschlusses und der Verfolgung zahlreicher jüdischer Spieler sportlich äußerst erfolgreich war. Zwischen 1942 und 1944 gewann der Verein dreimal die Meisterschaft der Ostmark, 1943 holte man den Tschammerpokal (den deutschen Cup). Die Studie thematisiert aber auch die fehlende Auseinandersetzung mit der NS-Zeit in den Jahrzehnten nach dem Krieg.
Sport-Club: Keine Juden in Dornbach
Die Fans von der Friedhofstribüne sprechen sich offen gegen Homophobie und Rassismus aus, die Rolle des Wiener Sport-Club in der NS-Zeit hat der Historiker Georg Spitaler vor zehn Jahren in einem längeren Text für den Ballesterer aufgearbeitet. Conclusio: Der Sport-Club war kein „Naziverein“, wohl aber antisemitisch. Zwar existierte beim WSC vermutlich kein schriftlich fixierter Arierparagraf, doch die lange Tradition „sei stärker als gedrucktes Wort“, schrieb Sportjournalist Willy Schmieger schon 1922. So dürfte es selbstverständlich gewesen sein, dass der Sport-Club keine Juden aufnahm. Auch antisemitische Beschimpfungen durch die Fans waren alltäglich.
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