Nach Waffenruhe-Angebot der Ukraine: Russland will Vorschlag prüfen

European leaders visit Ukraine
Gleich vier Regierungschefs sind auf Solidaritätsbesuch in der Ukraine. Das Quartett fordert Russland zu einem 30-tägigen Waffenstillstand auf.
  • Ukraine bietet 30-tägige Waffenruhe ab Montag an, Russland will den Vorschlag prüfen.
  • Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Polen besuchen Kiew, um Solidarität zu zeigen und Druck auf Russland zu erhöhen.
  • Russland zeigt sich unbeeindruckt von Sanktionsdrohungen und verlangt Ende westlicher Waffenlieferungen für Waffenruhe.

Der Kreml will den Vorschlag für eine 30-tägige Ukraine-Waffenruhe prüfen. Wie russische Staatsmedien am Samstag unter Berufung auf Kreml-Sprecher Dmitri Peskow berichteten, will der Kreml über die von Kiews westlichen Verbündeten vorgelegte Forderung "nachdenken". Peskow äußerte sich demnach im US-Fernsehsender CNN zu der "neuen Entwicklung", wies aber zugleich darauf hin, dass es "sinnlos" sei, Moskau "unter Druck zu setzen".

Die Ukraine und europäische Verbündete fordern von Russland eine bedingungslose, mindestens 30-tägige Waffenruhe ab Montag. "Wir wissen, dass uns die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Samstag in Kiew nach Gesprächen mit Verbündeten. "Wenn Russland sich einer kompletten und bedingungslosen Waffenruhe verweigert, sollten Sanktionen verhängt werden, verstärkte Sanktionen gegen den Energiesektor und das Bankensystem."

Merz, Macron, Starmer und Tusk auf Besuch

Zuvor hatten der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij und die nach Kiew gereisten Vertreter der sogenannten "Koalition der Willigen" - der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der britische Premierminister Keir Starmer und der polnische Ministerpräsident Donald Tusk - demnach mit US-Präsident Donald Trump telefoniert. Selenskijs Kanzleichef Andrij Jermak verbreitete ein Foto der Gruppe und schrieb von "historischen Momenten".

Sowohl Trump als auch europäische Ukraine-Verbündete hatten zuletzt ihre Forderungen nach einer 30-tägigen Waffenruhe bekräftigt und Russland mit Sanktionen gedroht, falls es nicht zustimmt.

Russland: Waffenruhe bei Aussetzen von Waffenlieferungen

Russland hat von den USA und der EU als Voraussetzung für eine 30-tägige Feuerpause ein Ende der Waffenlieferungen an Kiew gefordert. "Andernfalls wird es einen Vorteil für die Ukraine geben", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow im Interview mit dem US-Sender ABC. Die Ukraine würde eine Waffenruhe dazu nutzen, um ihre "totale Mobilmachung" fortzusetzen und neue Truppen an die Front zu bringen, um neues Personal auszubilden und den derzeitigen Kämpfern eine Atempause zu verschaffen, sagte Peskow.

"Warum sollten wir der Ukraine solch einen Vorteil verschaffen?", fragte Peskow die US-Journalistin. Russland selbst komme gerade bei seiner Offensive in der Ukraine voran und habe die Initiative, betonte er. Der Kreml-Sprecher äußerte zugleich die Hoffnung, dass US-Präsident Trump seinen Einfluss auf die Ukraine weiter nutze und Moskau dabei helfe, Kiew zu Verhandlungen zu drängen. Er warf der Ukraine vor, sie wolle Verhandlungen aus dem Weg gehen.

Beide Kriegsparteien bezichtigen sich immer wieder gegenseitig, kein echtes Interesse an einem Ende der Kampfhandlungen zu haben. Der ukrainische Präsident Selenskij pocht inzwischen täglich auf die von Trump vorgeschlagene 30-tägige Waffenruhe. Sie soll die Voraussetzung für Verhandlungen zur Lösung des Konflikts bieten.

Kreml reagiert gelassen auf Sanktionsdrohungen

Russland regierte gelassen auf Sanktionsdrohungen des Westens, sollte es der Feuerpause nicht zustimmen. Russland werde sich davon nicht einschüchtern lassen und habe sich ohnehin an die Strafmaßnahmen gewöhnt, sagte Peskow dem Staatsfernsehen in Moskau. "Wir stellen uns sogar schon vor, was wir nach der Verhängung dieser Sanktionen tun, wie wir ihre Folgen minimieren werden", sagte Peskow. "Uns mit Sanktionen Angst zu machen, läuft ins Leere."

"Sehr viel härtere" Sanktionen gegen Russland

Sollte Russland der vorgeschlagenen 30-tägigen Waffenruhe nicht zustimmen, werde es zusätzliche und "sehr viel härtere Sanktionen geben", sagte Frankreichs Präsident Macron in einem Interview mit französischen Fernsehsendern. Im Zuge der geforderten Waffenruhe müsse es direkte Verhandlungen zwischen Vertretern der Ukraine und Russlands geben, betonte er.

Auch der deutsche Bundeskanzler Merz stellte Russland weitreichende Konsequenzen in Aussicht, falls Moskau eine 30-tägige Waffenruhe in der Ukraine und anschließende Friedensverhandlungen ablehnen sollte. "Es wird dann eine massive Verschärfung der Sanktionen geben, und es wird weiter massive Hilfe für die Ukraine geben. Politisch ohnehin, finanzielle Hilfe, aber auch militärische", sagte er der Bild-Zeitung in Kiew.

Die Europäische Union ist nach den Worten von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bereit zu weiteren harten Sanktionen gegen Russland, sollte es eine mit der Ukraine einmal vereinbarte Waffenruhe brechen. Sie unterstütze den Vorschlag einer bedingungslosen Waffenruhe von 30 Tagen, erklärte von der Leyen am Samstag.

Die EU und die USA haben Russland bereits mit zahlreichen Sanktionen belegt, um dem Land wirtschaftlich die Grundlage für die Fortsetzung des Angriffskriegs gegen die Ukraine zu nehmen. Auch westliche Experten bescheinigen der russischen Wirtschaft aber eine so nicht erwartete Robustheit. Zwar sind die vielen wirtschaftlichen Probleme unübersehbar, weil es etwa am einfachen Zugang zu westlicher Technik fehlt. Die Rohstoffgroßmacht nimmt aber weiter Milliarden etwa aus dem Öl- und Gasverkauf ein. Das Geld hält wiederum die Kriegswirtschaft am Laufen.

Noch bis Mitternacht (23.00 Uhr MESZ) gilt eine einseitig von Russland verhängte dreitägige Waffenruhe anlässlich der Feiern zum Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs. Die Kriegsparteien warfen einander in den vergangenen beiden Tagen immer wieder Verstöße gegen die Feuerpause vor. Die Ukraine wehrt sich seit mehr als drei Jahren mit westlicher Unterstützung gegen eine russische Invasion.

Kommentare