Ein eindeutiges Zeichen: Dass der Stadtchef auf Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg wert legt, ist schließlich kein Geheimnis. Die Pressekonferenz am Montag nutzte er deshalb nicht nur dazu, die Neos zu loben und eigene Themen hervorzuheben – sondern auch, um der Opposition die Hand hinzustrecken. Also zumindest der ÖVP und den Grünen. Es sei ihm ein Anliegen, „die Kräfte der politischen Mitte zu stärken“. Dass er zu dieser Mitte die FPÖ nicht dazu zählt, daraus machte Ludwig nie einen Hehl, und er fand einmal mehr scharfe Worte gegen Blau.
Dass es gemeinsame Lösungen braucht, um die von der besagten „politischen Mitte“ abgewanderten Wählerinnen und Wähler zurückzugewinnen, das weiß Ludwig auch. Der geäußerte Wunsch nach „Kooperationen mit der Opposition“ ergibt also durchaus Sinn – und war mit Sicherheit auch Thema bei den Sondierungsgesprächen.
Türkis und Grün signalisierten in ihren Aussendungen nämlich ebenfalls den Wunsch nach Zusammenarbeit – natürlich hintangestellt an Kritik, weil die jeweilige Partei die bessere Wahl als Regierungspartner gewesen wäre. Die Grünen stünden „für konsequente und konstruktive Oppositionspolitik“. Bei großen Zukunftsprojekten und konkreten Verbesserungen im Alltag wolle man zudem „starker Partner für alle Wienerinnen und Wiener“ sein.
Bei der ÖVP wurde erklärt, dass das Sondierungsgespräch gezeigt hätte, dass es „in wichtigen Bereichen wie Wirtschaft, Infrastruktur und Gesundheit durchaus Schnittmengen gibt“. Auch die Wiener Volkspartei will „ein verlässlicher, konstruktiver Partner“ sein.
Eine Achse bleibt
Ludwig setzt auch weiterhin auf seine Allianz mit Wiens Wirtschaftskammer-Präsident Walter Ruck – oftmals von Gegnern spöttisch „eigentliche Koalition“ genannt. Am Fortbestand dieser Achse besteht auch nach den vergangenen Wochen kein Zweifel.
Es war wohl kein Zufall, dass Ludwig bei der Pressekonferenz zu den Regierungsverhandlungen mit den kammerkritischen Neos schon als zweiten wichtigen inhaltlichen Punkt den „hohen Stellenwert der Sozialpartnerschaft“ nannte. Der Stadtchef war nach dem offiziellen Ende der Sondierungsgespräche zudem mit seinem engen Freund beim Dinner. Sollte Ruck – und das ist nicht auszuschließen – noch vor den Neos gewusst haben, dass sie siegreich aus den Gesprächen hervorgegangen sind, kann er besser stillhalten als so mancher roter Genosse. Noch vor der offiziellen Bürgermeister-Ankündigung sickerte durch, wer Regierungspartner werden soll.
Jetzt darf man gespannt sein, wie das Regierungsprogramm aussieht – und wie unangenehm Grün und Türkis trotz aller Harmonie sein werden (und müssen), um der FPÖ nicht allein das Feld der lauten Opposition zu überlassen.
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