Vielen Vorständen missfällt dieser Zustand. Rauskommen schwierig, weil das Homeoffice zum eingeforderten Privileg wurde – mit eigens kultiviertem Homeoffice-Trott. Schlabberhose, Kinder kommen früher heim, Handwerker werden empfangen, der Haushalt erledigt. Man erspart sich Fahrzeiten und ist zudem völlig ungestört, weil kein Kollege oder Chef im Vorbeigehen was sagen kann. Dass manche in der Abgeschiedenheit zu Hause soziale Kompetenzen verlieren, wundert nicht.
Unsozial ist Homeoffice auch noch in anderer Hinsicht. Es spaltet die Arbeitenden. In jene, die das Privileg haben, weil ihre Schreibtischarbeit ortsunabhängig ist. Und jene, viel größere Gruppe, die zum Kunden, zu den Patienten, den Schülern, in die Werkstatt oder auf die Baustelle muss.
Fazit: Homeoffice ist mitunter ein nettes, praktisches Instrument und für Einzeltage geeignet. Flexibel eingesetzt kein gröberes Problem. Nimmt die Heimarbeit aber Überhand, verlieren Unternehmen, Vorgesetzte und Mitarbeiter (einander). Also ja: Arbeiten tunlichst in der Arbeit.
CONTRA
Marlene Liebhart, Redakteurin Wirtschaft
Diese Zeilen wurden im Homeoffice verfasst. Die Ruhe im eigenen Heim fördert die Konzentration, während der Lärm im Großraumbüro sie stört. Aber neben der Möglichkeit, ohne geräuschunterdrückende Kopfhörer zu arbeiten, hat Homeoffice weitere Vorteile: Es kann die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Und auch ein langer Arbeitsweg fällt weg, was den Komfort erhöht und gleichzeitig den CO2-Ausstoß verringert.
Diese Faktoren erhöhen die Zufriedenheit von Angestellten, so eine Studie der Universität von Pittsburgh nach der Coronapandemie. Im Ergebnis rieten die Studienleiter dazu, die Möglichkeit zum Arbeiten von zu Hause aus beizubehalten. Denn die Wiedereinführung der Büropflicht drückte auf das Wohlbefinden, während sich die Performance der Mitarbeiter kein bisschen verbesserte.
Neben glücklichen Angestellten profitieren auch Arbeitgeber von Homeoffice-Arbeit. Etwa, weil während Erkältungswellen die Ansteckungsgefahr sinkt und es weniger Personalausfälle gibt. Mit einer gut durchdachten Homeoffice-Regelung können außerdem Kosten eingespart werden, weil weniger Arbeitsplätze vor Ort benötigt werden.
Vermeintliche Nachteile, wie Misstrauen wegen fehlender Kontrolle der Mitarbeiter oder schlechtere Kommunikation, sind keine exklusiven Homeoffice-Probleme, sondern liegen oft an Führungsschwäche oder strukturellen Mängeln in Unternehmen. Arbeitgeber, die die Ursache nur beim Homeoffice suchen, machen es sich meist zu einfach.
Kommentare