Warum aber hat Ludwig diese Vormachtstellung? Jener Politiker, dem schon des Öfteren attestiert wurde, mit dem beißenden Stil seines Vorgängers Michael Häupl nicht mithalten zu können. Dieser hat bis heute wegen seiner teils legendären Sager eine große Fangemeinde.
Ja, Wien ist traditionell rot, hat Stammwähler, die aller Unkenrufe zum Trotz SPÖ wählen, einfach, weil sie es immer schon getan haben. Nach Jahrzehnten der Vormachtstellung läuft die Wahlkampfmaschinerie zudem weitaus geschmierter als bei anderen und ist vor allem personell eklatant besser aufgestellt.
Es ist dennoch nicht egal, wer an der Spitze der Partei steht. Ein x-beliebiger Kandidat hätte vermutlich nicht genauso gut abgeschnitten. Den Machtfaktor Ludwig darf man nämlich nicht unterschätzen: 43 Prozent der SPÖ-Wähler haben am Wahlabend gesagt, dass der Bürgermeister wichtig war für die Wahlentscheidung. Der mit Abstand beste Wert unter den Parteichefs. Zum Vergleich: Auf Platz 2 liegt Dominik Nepp von der FPÖ mit einem Wert von 30 Prozent. Eine OGM-Umfrage vor der Wahl hat sogar ergeben, dass Ludwig im Falle einer Direktwahl mit 53 Prozent eine absolute Mehrheit hinter sich gehabt hätte.
Häupl selbst sagte, dass Ludwigs Stil das sei, was die Menschen in dieser krisengebeutelten Zeit brauchen. Eben keine lustigen „Man bringe den Spritzwein“-Sager, sondern wohlüberlegte Antworten – oftmals wissenschaftlich untermauert. Dass diese Antworten manchmal lauter, mutiger und auch schneller kommen müssen, ist unbestritten.
Während die Bundespartei zu oft ihre Streitigkeiten in der Öffentlichkeit austrägt, dringt aus der Wiener Fraktion nur in seltensten Fällen Missstimmung nach außen. (Dass das mit missliebigen Informationen ebenso gehandhabt wird, Stichwort Intransparenz, ist eine andere Geschichte.) Das hat Ludwig den Ruf eingebracht, die Partei einen zu können. Er gilt als Mitarchitekt der Bundesregierung und somit als Macher. Das dadurch mehr oder weniger subtil mitschwingende Versprechen, Wien durch die Krisen zu führen, muss Ludwig jetzt aber auch halten. Am Wahlabend bedankte er sich „mit Demut“ bei den Wählerinnen und Wählern, bei der ersten Hochrechnung konnte man feuchte Augen erkennen – ganz so sicher, dass der Wahlsieg wieder gelingt, war sich Ludwig also nicht. Das gibt Hoffnung, dass er in der nächsten Legislaturperiode noch eine Schippe drauflegt.
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