Statt komplette Textbücher drucken zu lassen, händigte man den Schauspielern ihre Texte handgeschrieben auf kleinen Papierstreifen aus. Die Zettelchen wurden zusammengeklebt und zusammengerollt. Hatte ein Schauspieler viel Text, hatte (und spielte) er folglich eine große Rolle, wer wenig zu sagen hatte, dagegen eine kleine Rolle. So wurde aus der Papier-Rolle die Figur, die vom Schauspieler dargestellt wird.
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Eine völlig andere Herkunft hat die Phrase „von der Rolle sein“. Sie geht auf die sogenannten „Steherrennen“ im Bahnradsport zurück. Bei dieser Indoor-Sportart fährt der Radfahrer, der sogenannte „Steher“ (von englisch to stand = „durchhalten“), möglichst knapp hinter dem motorisierten „Schrittmacher“, um in dessen Windschatten eine hohe Geschwindigkeit zu erreichen. Das Bindeglied zwischen dem Motorrad und dem Radfahrer ist eine rotierende Metallrolle, die am Heck des Motorrades befestigt ist. Solange der Radfahrer bei Kräften ist, bleibt er ganz nahe an der Rolle. Verliert er den Kontakt, ist er „von der Rolle“ – und damit nicht mehr auf Siegeskurs.
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Bleibt noch der „Rock ’n’ Roll“: to rock bedeutet im Englischen „schaukeln, wackeln“, to roll „drehen, herumwickeln“. Die Bezeichnung wurde in den 1950er-Jahren in den USA als Bezeichnung für einen rhythmischen, stark synkopierten Musikstil kreiert und später zu „Rock“ verkürzt. Der spielte in den Folgejahren eine große Rolle – und das, obwohl seine Protagonisten dem Vernehmen nach ziemlich oft von der Rolle waren.
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Fundstück der Woche: „Nachdem der Mann seine Partnerin aus der Wohnung gesperrt habe, soll diese die Toilettenschüssel des Gang-WCs aus der Wand gerissen und durch ein Gangfenster geschleudert haben haben. Sie wurde vorläufig festgenommen. (KURIER) – Ob die inhaftierte Kloschüssel mittlerweile wieder auf freiem Fuß ist, ist unbekannt.
Wolfram Kautzky ist Philologe und geht den Wörtern auf den Grund. Ab jetzt immer samstags.
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